Sonntag, 8. Mai 2016

Te amo Colombia




Wir verließen schließlich den Tayrona Nationalpark nach einem letzten gemeinsamen, leckeren Mittagessen und fuhren in Richtung Nordosten auf die Guajira Halbinsel. In dieser Wüstenregion leben nur wenige Menschen und vor allem Indigene, die für ihr Kunsthandwerk, vor allem die typisch kolumbianischen Taschen bekannt sind. Bis nach "Cabo de la Vela" konnten wir mit unserem Power Alfonso ohne Probleme fahren auch wenn es teilweise durch endlose Sandwüste ging und wir uns an Reifenspuren und unserem GPS orientieren mussten.
Für den letzten Teil, bis zum nördlichsten Punkt Südamerikas, buchten wir jedoch eine Jeeptour, da die Sanddünen ohne Allradantrieb nicht zu meistern sind. Mit jedem Kilometer änderte sich die Landschaft. Anfangs war es noch recht grün, viele einheitlich große Bäume säumten die Straße und zahlreiche Ziegen fraßen sich an den Blättern satt. Mit der Zeit wurde es immer karger, die Bäume wurden durch Kakteen ersetzt und selbst diese wurden immer spärlicher, bis wir an einer Stelle vorbeikamen, an der sogar die Kakteen vertrocknet waren. In manchen Teilen der Wüste hat es wohl seit drei Jahren nicht mehr geregnet, während ein paar Kilometer weiter die Straßen in der Regenzeit regelrecht überflutet sind.

In Cabo angekommen parkten wir Alfonso direkt am Meer und sprangen ins erfrischende Wasser. Die Karibik zeigte sich hier mal wieder von ihrer schönsten Seite: feiner, weicher Sand und kristallklares Wasser, das in verschiedenen Blautönen bis zum Horizont reicht. Man konnte meterweit in dem flachen, ruhigen Wasser ins Meer hineinlaufen oder sich einfach in das erfrischende, kühle Wasser legen und treiben lassen. Sehr entspannt! Wir setzten uns in unsere Campingstühle und genossen die traumhafte Aussicht. Immer wieder kamen Kinder und Frauen vorbei, die uns Armbändchen und Taschen verkaufen wollten. Wenn wir nichts kaufen wollten fragten sie, ob wir ihnen Wasser oder etwas zu Essen geben können. Also schenkten wir den Kleinen unsere restliche Osterschokolade und gaben etwas von unserem Wasser ab – glücklicherweise hatten wir unseren 20 Liter Tank kurz davor noch aufgefüllt. Echt ein komisches Gefühl, wie wertvoll "ganz normales" Wasser sein kann.
Am Nachmittag schlenderten wir etwas durch das kleine Örtchen und besichtigten die wenigen Souvenirläden, in welchen die einheimischen Frauen ihre Kunstwerke verkauften. Es gab zahlreiche Taschen, Armbändchen, Hängematten, traditionelle Kleider, Schmuck etc. und alles handgefertigt. Außerdem konnte man Haifischöl kaufen, welches wohl gut gegen Erkältungen sein soll, wir bleiben dann aber doch lieber bei Kräutertee und Propolis. 
Da entdeckten wir in einem Restaurant alte Bekannte: Corinna & Verena, mit denen wir schon in Minca und Palomino waren, verspeisten gerade einen leckeren Hummer. Wir setzten uns also zu ihnen, probierten etwas von dem edlen Essen und planten für den nächsten Tag gemeinsam die Jeeptour zu "Punta Gallinas" zu unternehmen. Für 150.000 COP (umgerechnet 45€) buchten wir die 1 ½ tägige Tour durch die Wüste zum nördlichsten Punkt Südamerikas.
Für den Abend in Cabo befolgten wir Annis Tipp: wir fuhren zum "Pilon de Azucar" um von dort den Sonnenuntergang anzuschauen. Und die Aussicht war bombastisch. Mit unserem letzten Rum aus Guatemala und Tequila aus Mexiko setzten wir uns auf den kleinen Berg, legten Jack Johnson auf und beobachteten wie die Sonne unterging, bzw. irgendwann einfach im Dunst des Meeres verschwand.

Am nächsten Morgen um 5 Uhr trafen wir uns mit unserem Chauffeur an seinem Jeep, wo schon ein Heidelberger wartete, der wie wir die Tour machen wollte. Und schon ging es los. Unser Fahrer raste mit uns über Sandverwehungen, Steinstraßen, Schlaglöcher, Matsch und im Slalom zwischen Kakteen durch die Wüste. Immer wieder sperrten Kinder mit Seilen die Straßen und wollten Geld, Essen oder Süßigkeiten. Corinna & Verena waren darauf vorbereitet und hatten extra Waffeln gekauft für die Kiddies. Hier ist die Versorgung teilweise wohl so schlecht, dass immer wieder Kinder verhungern oder verdursten wie wir im Nachhinein erfahren haben. Nach einem kurzen Stopp an einem kleinen Süßwassersee, in dem sich Flamingos tummelten, kamen wir zu einem von Mangroven bewachsenen Fluss. 
Wir wechselten vom Jeep zu einem kleinen Boot und kamen nach kurzer Fahrt bei der Herberge an, in der wir die Nacht in Hängematten verbringen wollten. Von dort ging es mit weiteren Touristen, hauptsächlich Deutsche, auf einem anderen Jeep weiter. Diesmal standen wir hinten in einem Gitter auf der Ladefläche und ließen uns den angenehmen Wind durch die Haare blasen. Am ersten Stopp, dem nördlichsten Punkts des Kontinentes, waren vor allem die vielen kleinen Steinmännchen die Touristen vor uns aufgebaut hatten schön anzuschauen. 
Anschließend hielten wir noch kurz an einem Aussichtspunkt über das Meer und die Wüstenlandschaft, das Highlight war jedoch der letzte Stopp: die "Dünen von Taroa" die steil ins Meer münden. Flo und die anderen Jungs rannten und rollten direkt die Dünen hinunter bis ins Meer. Helen und Corinna gingen das alles etwas gemütlicher an, vor allem als sie die extreme Steigung sahen!! Wir genossen die Erfrischung im Meer und mussten anschließend unter großer Anstrengung die Düne wieder hochlaufen. Flo tat sich das insg. viermal an, da er großen Spaß daran hatte die Düne bis zum Meer wieder herunter zu kugeln. Danach ging es dann zurück zum Hängemattencamp wo wir einen entspannten Nachmittag und Abend verbrachten.
Am nächsten Morgen ging es schon bald mit dem Jeep zurück nach Cabo, wo Alfonso auf uns wartete. Nach einem letzten Bad im karibischen Meer fuhren wir weiter  Richtung Süden. Nun mussten wir uns endgültig von der Karibik verabschieden, denn ab jetzt fahren wir durchs Landesinnere und werden frühestens in Ecuador wieder das Meer sehen, und das ist dann wieder der Pazifik. In Uribia füllten wir unseren Tank und alle leeren Kanister und Flaschen die wir finden konnten mit Benzin. Dank der Nähe zu Venezuela ist das hier nämlich unschlagbar günstig (knapp  40ct der Liter). Neben dem Kunsthandwerk und den Touristen ist der Verkauf von Benzin die Haupteinnahmequelle der Indigenen. Auf Eseln oder Fahrrädern gehen sie durch die Wüste nach Venezuela und kaufen dort das spottbillige Benzin und schmuggeln es über die Grenze. Im Norden Kolumbiens kann man das dann z.T. in ehemaligen Coca Cola Flaschen kaufen.

Es war krass, wie die Landschaft sich in der kurzen Zeit änderte je weiter wir ins Landesinnere fuhren. Von Minute zu Minute wurde es grüner und plötzlich kamen wir in ein starkes Gewitter mit so viel Regen, dass die Straßen richtig überflutet wurden.  Ein krasser Kontrast zu der vertrockneten Wüste aus der wir am Morgen gestartet sind. Für uns war das ein Segen, denn so wurde  direkt der salzige Sand von Alfonso abgewaschen. Kurz vor Dämmerung kamen wir an unserem Ziel an: Valledupar. Dort hatten wir die Hoffnung unseren Propantank endlich wieder auffüllen zu können und wollten außerdem die Mutter von Danilo besuchen. Leider hatten wir einen weiteren Punkt auf dem Programm: einen Arzt suchen, denn die holprige Jeep Tour hatte Helens Rücken so zugesetzt, dass sie ziemliche Schmerzen hatte und kaum noch sitzen bzw. laufen konnte. Inzwischen wissen wir mehr. Nach dem nicht besonders erfolgreichen Arztbesuch in Valledupar und zwei gequälte Wochen später haben wir in Neiva endlich einen Orthopäden gefunden der Helen dank MRT und Röntgenbildern weiterhelfen konnte. Mit vielen Massagen und Dehnübungen mit Flos Hilfe, ein paar Schmerztabletten und Spritzen haben wir es wieder hinbekommen und die Reise kann unbeschwert weitergehen – nur Bungee Jumping muss sie leider von ihrer Bucket Liste streichen.
Eigentlich wollten wir nur ein oder zwei Tage in Valledupar verbringen, blieben aus verschiedenen Gründen schließlich jedoch vier Nächte:

Wir besuchten wie geplant Danilos Mutter. Sie fuhr mit uns im Auto durch die Stadt, zeigte uns die Sehenswürdigkeiten und lud uns zu einem leckeren, typisch kolumbianischen Essen ein. Dabei fuhren wir unter anderem durch das Villenviertel, wo sie uns die Häuser stadtbekannter Drogenbosse zeigte – sehr beeindruckend.

Die Propan-Schnitzeljagd: Flo klapperte mit Helen im Gepäck etwa 5 Tankstellen und Gasläden ab, wo wir immer weitergeleitet wurden, bis wir endlich zur einzigen Propananlage der Stadt fanden. Unsere große Hoffnung, den Tank direkt in der Anlage befüllen zu können wurde schon bald zerschlagen. Aus Sicherheitsgründen wurden wir gar nicht erst aufs Gelände gelassen und außerdem ist das Befüllen privater Propanflaschen in Kolumbien wohl verboten. Wir bekamen jedoch die Handynummer eines Fahrers der Firma, der die Gasflaschen direkt in der Stadt verkauft.
Also riefen wir ihn an und der nette Mann wollte sich direkt die Zeit für uns nehmen. Auf seinen Ratschlag ließen wir uns einen neuen Adapter drehen und verabredeten uns für den nächsten Tag. Gemeinsam mit einem Kollegen wollte er unseren Tank direkt von einer Flasche befüllen. Nach einigem Hin und Her klappte das schließlich auch und 5 Stunden, viel Engagement und Improvisation später war unser Tank halbvoll und die Gasflasche leer. Zwischendurch versorgten wir sie mit Eiskaffee, Bier, Cola und Snacks, hatten jedoch schon Angst, wie viel uns die Arbeit am Ende kosten würde. Umso überraschter waren wir, dass die Beiden außer den Materialkosten nichts für ihre Arbeit wollten. Wir waren sehr happy, hofften jedoch noch einen besseren Weg zur Tankbefüllung in Südamerika zu finden.

Unsere Begegnung mit der Polizei: Da die private Befüllung von Propantanks in Kolumbien ja nicht so ganz legal ist suchten wir ein etwas abgelegenes Plätzchen, damit die Polizei uns nicht unbedingt dabei sieht. Nach etwa einer halben Stunde hielten 8 Polizisten auf Motorrädern vor Alfonso und wir bekamen schon etwas Schiss, doch recht schnell stellte sich heraus, dass diese einfach von Alfonso begeistert waren und sich nicht für das Propan interessierten. Also erzählten wir von unserer Reise, sie wollten Fotos von Alfonso und uns machen und schließlich tranken wir gemeinsam Kaffee, bekamen Reisetipps für den Süden Kolumbiens und quatschten bestimmt eine Stunde mit den wirklich netten Beamten. Irgendwann kamen immer mehr neugierige Polizisten und wir standen kurzeitig in einer Traube hellgrüner Motorräder, Jeeps und Polizisten. Nicht nur die Polizisten, auch viele Anwohner kamen immer wieder zu uns und lauschten gespannt unseren Erzählungen. Eine Nachbarin lud uns schließlich ein, wenn wir fertig sind bei ihr zu duschen. Da es wirklich unangenehm heiß war und der Straßenstaub an uns klebte nahmen wir das Angebot auch gerne an.
Einer der Polizisten gab uns schließlich seine Handynummer und Adresse und lud uns ein zu ihm nach Hause zu kommen um bei ihm zu übernachten und seine Familie kennenzulernen. Nach der Dusche bei der Nachbarin fuhren wir also zu der Familie des Polizisten. Der lebt in einer Patchwork Familie mit seiner Freundin und insg. 4 Kindern in einem schönen Häuschen am Stadtrand. Wir spielten mit den Kiddies, machten Musik, Flo ließ sich zu einer Partie Barfußfußball überreden, wobei er sich wahrscheinlich einen Kapselriss im großen Zeh zuzog, wir zeigten ihnen Alfonso und wurden direkt voll beschlagnahmt, so dass wir uns spontan überreden ließen den nächsten Tag auch noch bei der Familie zu verbringen. Am letzten Abend machten wir einen Motorradausflug mit der ganzen Familie: der Vater mit Flo und dem vierjährigen, die Mutter mit Helen, die 13 jährige mit dem Kindermädchen auf drei Rollern und die zwei Jungs (acht und elf Jahre) auf einem Quad. Alles nicht so ganz den Verkehrsregeln entsprechend, da die Eltern aber selbst bei der Polizei sind, wissen sie ja ungefähr wo die Kontrollen nachts patrouillieren. Der Ausflug machte super Spaß und wir sahen endlich auch das
einzig Sehenswerte der Stadt neben der Vallenato Musik, den Fluss.

Generell müssen wir an dieser Stelle mal erwähnen, dass die Kolumbianer unglaublich freundlich, offen und herzlich sind und die Gastfreundschaft der Lateinamerikaner die wir bis jetzt getroffen hatten, nochmals übertreffen. Sie sind unglaublich unkompliziert, Privatsphäre z.B. wird hier ganz anders gesehen als bei uns. Wir wurden nun schon so oft von fast wildfremden Leuten in deren Zuhause eingeladen, persönliche Themen wie Fremdgehen, Menstruationsbeschwerden und Sex sind vollkommen normal und man hat nach wenigen Minuten das Gefühl, man ist schon jahrelang befreundet. Generell ist man hier als Tourist mehr als Willkommen. Sie sind regelrecht stolz darauf, dass wir ihr Land besuchen und tun alles dafür, dass man sich wohl fühlt. Unsere Theorie ist, dass Kolumbien als Reiseland aktuell erst im Kommen ist und jahrelang aufgrund der Drogenkriege kaum Tourismus hatte. Touristen sind also das Zeichen dafür, dass es dem Land wieder gut geht und in Zukunft noch besser gehen wird.

Dann ging es weiter Richtung Bucaramanga. Auf dem Weg hielten wir in Bosconia, da wir erfahren hatten, dass man uns dort unseren Propantank evtl. direkt von der Anlage befüllen kann. Da es auf dem Weg lag und unser Tank nur etwa halbvoll war, versuchten wir unser Glück. Nach kurzem Smalltalk und Inspizierung unseres Anschlusses fuhren die Jungs vom Gelände einen großen Tank LKW neben Alfonso und befüllten ihn in wenigen Sekunden bis zum Anschlag. So schnell ging das bis jetzt noch nirgends!
Die Landschaft auf der Strecke war unglaublich schön und vielseitig. Nun sind wir wieder in einer kühleren, bergigen Region und haben die heiße, trockene Küste Kolumbiens endgültig hinter uns gelassen. Auf halber Strecke suchten wir einen Schlafplatz und starteten noch ein Experiment:  Wir hatten ein Rezept für selbstgemachtes Sauerkraut gefunden und wollten das direkt ausprobieren. Also schnibbelten und stampften wir einen Kohl und sind nun gespannt  was daraus wird.

Durch Bucaramanga selbst fuhren wir schnell durch. Die Stadt gefiel uns überhaupt nicht und der Verkehr war unangenehm und chaotisch. Außerdem hatten wir dort direkt ein negatives Erlebnis. Flo wurde innerhalb kürzester Zeit von 3 Männern angesprochen, dass die Lenkstange unseres Autos kaputt sei und dass diese es schnell reparieren können. Das kam uns sehr dubios vor, doch etwas Bammel hatten wir schon. Als wir es später checken ließen war natürlich nichts und wir waren froh, dass wir nicht auf den fiesen Trick reingefallen sind.

Unser nächster Halt war Curití, ein kleines, kolonialistisches Dorf das uns empfohlen wurde. Am Dorfrand liegt ein kleiner See, zu welchem wir fuhren und dort einen gemütlichen Vormittag verbrachten. Wir wuschen Wäsche und bastelten an Alfonso bis wir zufällig alte Bekannte trafen. Die beiden Franzosen, Leticia & Quentin hatten wir das erste Mal im Tayrona Park getroffen, und danach nun insg. noch 3 weitere Male. Sie sind 14 Monaten durch Südamerika gereist und nun am Ende ihrer Reise angelangt. Sie gaben uns viele Tipps für unsere Weiterreise durch Ecuador und Peru und wir verabredeten uns am nächsten Tag gemeinsam etwas zu unternehmen. Am Nachmittag gingen wir zurück ins Dorf um die Spezialität der Gegend zu probieren:  "Hormigas Culonas", Riesenameisen mit einem gigantischen Hinterteil. Fazit: wir haben's probiert, müssen aber keinen Vorrat davon mitnehmen. 
Unsere Franzosen trafen wir am nächsten Tag in Sangil, wo wir sie an ihrem Hostel abholten und weiter nach Barichara fuhren. Sangil ist ein nettes kleines Dorf, das vor allem für die dort angebotenen Abenteuer wie Rafting, Bungee Jumping, Paragliding etc. bekannt ist (Aufgrund unserer Verletzungen mussten wir darauf jedoch verzichten). Barichara ist ein noch kleineres Dorf, mit süßen Gässchen, einem netten Dorfplatz und einem wunderschönen Aussichtspunkt über die umliegenden Berge. Dort parkten wir Alfonso und hatten den perfekten Schlafplatz gefunden. Die Franzosen zelteten vor Alfonso und wir hatten einen netten Abend mit Rum, gegrillten Würstchen, Musik und witzigen Gesprächen.
Schon am Abend war die Aussicht traumhaft schön, doch der Sonnenaufgang toppte das direkt nochmal. Die in den Bergwipfeln hängenden Schäfchenwolken wurden rosa angestrahlt und die Sonne tauchte das Tal in ein warmgelbes Licht. Nach dem Frühstück brachte Quentin uns bei Armbändchen zu knüpfen und schenkte uns jeweils eins, bzw. Flo machte seines unter seiner Anleitung direkt selbst. Anschließend fuhren wir gemeinsam nach Villa de Leyva, wieder ein kolonialistisches Dörfchen.
Nach einem entspannten Tag mit unseren Freunden trennten sich unsere Wege und wir fuhren weiter zu unserem nächsten Ziel: Die Tatacoa Wüste bei Neiva. Wir hatten knapp 500km Fahrt vor uns und mussten unter anderem durch die riesige Hauptstadt Bogotá fahren. An der letzten Ampel nahmen wir zwei Tramper mit. Er kommt aus Hamburg, sie aus Peru und sind schon seit 2 bzw. 3 ½ Jahren unterwegs. Da wir ein ganzes Stück die gleiche Strecke hatte und es langsam Zeit wurde einen Schlafplatz zu suchen, fragten sie, ob sie nicht neben Alfonso ihre Hängematte aufhängen können und am nächsten Morgen die restliche Strecke mit uns weiterfahren können – so schnell hatten wir wieder neue Mitfahrer. Wir stellten uns an den Straßenrand neben einem Fluss, machten ein Lagerfeuer und quatschten über unsere Reisen.

Wir nahmen die Beiden das letzte Stück mit bis sich unsere Wege trennten und fuhren weiter nach Neiva, wo wir uns in erster Linie um Helens Rücken kümmerten. Als wir durch das Stadtzentrum schlenderten trafen wir einen netten Rentner, der uns unbedingt zum Kaffee einladen wollte als er hörte, dass wir aus Deutschland kommen. Er selbst war letztes Jahr mit seinem Sohn in Deutschland und sehr begeistert von Land und Leuten, weshalb er uns gerne etwas von der Freundlichkeit, die er in Deutschland erlebt hatte, zurückgeben wollte. Er zeigte uns ein paar Sehenswürdigkeiten, hätte uns auch noch zum Mittagessen eingeladen und gab uns den Kontakt seines Sohnes in Buenos Aires, falls wir da vorbeikommen sollten. 

Am Abend fuhren wir in die Tatacoa Wüste. Dort fühlten wir uns wie zurück in den Nationalparks der USA, nur mit etwa 20 Grad mehr. Die Landschaft wandelte sich von saftig grünen Wiesen zu roten und schließlich grauen Felsen und Schluchten zwischen denen vereinzelt Kakteen ihren Weg suchen. Und mittendrin etwas ganz Neues: ein Filmteam hatte sich niedergelassen um eine neue Serie zu drehen, die im November rauskommen soll. Man konnte ohne Probleme über den Drehplatz laufen, also ließen wir es uns nicht nehmen hier und da ein Steinmännchen zu bauen…mal schauen, vielleicht erkennen wir es im Film ja wieder.
Auf dem Rückweg hielten wir noch in dem kleinen Dorf Villavieja, wo wir in den erfrischend kühlen Fluss sprangen, da es in der Wüste teilweise 45 Grad hatte. Flo freundete sich direkt mit zwei kleinen Jungs an, sie gingen zusammen angeln und fingen sogar zwei Fische, die wir jedoch den Jungs ließen.

Anschließend machten wir uns auf den Weg nach San Agustin, ein kleines Dorf in den Anden, das vor allem für seine archäologischen Ausgrabungen berühmt ist. Das Benzin in der Gegend ist  unglaublich teuer, vor allem wenn man die billigen Guajira Preise kennt, wo man etwa die Hälfte bezahlt. Wir zögerten das Tanken also etwas raus, so dass Alfonso an einer Ampel plötzlich ausging. Gottseidank war unser Ersatztank noch voll und wir konnten schnell ein paar Liter einfüllen. Die restliche Strecke verlief jedoch problemlos.
Wir kamen immer tiefer in die Anden Kolumbiens und die wunderschöne Landschaft machte den langen Fahrttag erträglich: die Berge sind von dunkelgrünem Dschungel bewachsen, immer wieder macht dieser Kaffeeplantagen Platz, die von einzelnen, hellgrünen Palmen durchwachsen sind. Dazwischen grasen Kühe auf saftigen Weiden, kleine Bauernhäuser sind über die Berge verteilt und kleine Bäche fließen durch das Tal.
Auch das Klima ist hier wieder einiges kühler, was vor allem zum Schlafen sehr angenehm ist.

In San Agustin entschieden wir uns gegen eine Tour zu den Ausgrabungen und für einen Ausflug zum "Estrecho de Magdalena", der engsten Stelle des Rio Magdalena. Außerdem trafen wir alte Bekannte wieder: Edda & Helmut, das deutsche Ehepaar das gemeinsam mit uns ihr Auto von Panama nach Kolumbien verschifft hatte. Sie luden uns zum Abendessen bei einem sehr edlen Italiener ein und wir unterhielten uns über die letzten zwei Monate die wir in Kolumbien verbracht hatten. Sie hatten eine sehr ähnliche Route wie wir genommen und waren genauso begeistert von Land und Leuten. Außerdem unterhielten wir uns, welche Route wir nach Ecuador nehmen wollen und stellten fest, dass wir uns ohne es zu wissen für ein Abenteuer entschieden hatten: wir wollten von San Agustin nach Mocoa und von dort aus nach Pasto fahren. Der Teil von Mocoa nach Pasto ist wohl eine der gefährlichsten Straße Kolumbiens und wird auch "trampolin de la muerte" (Todestrampolin) genannt. Wir informierten uns also noch ein bisschen über die Route und beschlossen schließlich sie zu fahren, trotz des abschreckenden Namens. 

Davor wollten wir jedoch noch zum "Ende der Welt": kurz hinter Mocoa ist ein Wasserfall namens "Fin del Mundo" von dem wir schon in Medellin gehört hatten und ihn anschauen wollten. An dem Startpunkt der kleinen Wanderung zum Wasserfall trafen wir ein französisches Pärchen in unserem Alter und schlossen uns zusammen. Die Beiden sind auch mit einem Auto unterwegs, jedoch die kleinere Version: ein Peugeot 306, den sie ebenfalls zum Schlafen nutzen (immer wieder kommen wir uns mit Alfonso wie Luxusreisende vor).
Der Wasserfall ist wunderschön und hat seinen Namen wahrlich verdient: wir wanderten entlang des Flusses bis zu der Stelle wo das Wasser etwa 70 Meter in die Tiefe stürzt. Neben dem Wasserfall kann man sich auf dem Bauch auf die Steine legen und dem Wasser hinterher schauen. Von oben sieht es jedoch so aus, als würde die Erde einfach aufhören.

Nachdem wir also das Ende der Welt gesehen hatten machten wir uns auf den Weg zum Todestrampolin.
In engen Serpentinen schlängelt sich die Schotterstraße stundenlang die mit Urwald bewachsenen Anden hinauf. Wir mussten mehrere niedrige Flüsse durchqueren und neben der teilweise nur 2,50m breiten, unbefestigten Straße ging es bis zu 400m in die Tiefe. Meistens gab es zwar Leitplanken, jedoch nach etwa jeder zehnten Kurve wurde sie von einem Erdrutsch oder einer Steinlawine abgerissen und hing den Berg hinunter.
Glücklicherweise gab es genügend Haltebuchten, sodass wir bei Gegenverkehr nie weit rückwärts fahren mussten.

Schade war nur, dass die meiste Zeit starker Nebel war, so dass wir von der wunderschönen Landschaft nur wenig sehen konnten. Was wir jedoch sahen war die Reise schon wert!!
Auf etwa halber Strecke hatten wir eine Reifenpanne, wahrscheinlich hat ein spitzer Stein ein Loch in den Reifen gepikst. Einer halbe Stunde Boxenstopp und einen warmen Kaffee später ging es weiter, bis wir einen Schlafplatz fanden. Wir parkten auf dem "Sportplatz" einer Schule, wo wir sogar Klo und Dusche hatten. Neben der Schule war nur ein weiteres Haus, wahrscheinlich kommen die meisten Kinder aus den Bergen in der Umgebung.
Am nächsten Vormittag fuhren wir den Rest der Todesstrecke, bis wir in Pasto ankamen, die letzte größere Stadt vor der Grenze zu Ecuador.

Nun haben wir gut zwei Monate in diesem großen, vielseitigen und sehr schönen Land verbracht und freuen uns auf die nächste Station: Ecuador.

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